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Pro und Contra: Die elektronische Patientenakte
Zum 1. Oktober 2025 wird die elektronische Patientenakte für alle Leistungserbringer bundesweit verpflichtend. Was das für gesetzlich Versicherte bedeutet, was an der Neuerung gut und weniger gut ist – aus Sicht des Elternvereins ein Thema mit viel Zündstoff.
Es gibt jetzt eine elektronische Akte (ePA) für jede Person, die gesetzlich krankenversichert ist. In dieser ePA stehen alle Informationen, die Ärztinnen und Ärzte und die Krankenversicherung ermitteln. Elektronische Informationen heißen Daten. Sie werden zukünftig nur dann nicht gespeichert, wenn dagegen widersprochen wird. Das kann nur die Person selbst tun oder ihre rechtliche Betreuung mit dem Aufgabenkreis Gesundheitssorge.
Was ist gut an der ePA?
In einer ePA werden alle Daten einer versicherten Person zu ihrer Gesundheit gesammelt (zum Beispiel Diagnosen, Krankenhausaufenthalte, Medikamente, Arztbriefe). Ärzt*innen, Therapeut*innen und Gesundheitsdienste haben mit ihrer Zuständigkeit für eine bestimmte Zeit Einblick in alle Daten. Die ePA wird alle Daten enthalten. Sie werden nie mehr gelöscht. Hier finden Sie Informationen des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen zur ePA.
Werden auch sensible Daten gespeichert und an die Forschung weitergegeben?
Grundsätzlich ja. Eine Ausnahme ist bei Daten zu Schwangerschaftsabbrüchen, psychischen Erkrankungen und sexuell übertragbaren Infektionen vorgesehen. Hier wird die Person vor der Speicherung informiert und um Zustimmung gebeten. Andere Informationen werden aber ohne Bedingungen gespeichert und pseudonymisiert auch weiterverwendet, zum Beispiel Informationen der Therapeut*innen über Schullaufbahn, Familiendynamik usw.
Was ist schlecht an der ePAkte?
Die ePA ist sehr kompliziert. Man kann nur mit einer App der Krankenkasse Einblick in die eigene ePA nehmen und prüfen, welche Daten gespeichert sind. Es wird schwer sein, einen Überblick über die Datenmenge zu behalten.
Der Einblick in alle Daten kann gefährlich sein. So kann die Krankenkasse anhand der Daten abschätzen, welche Heil- und Hilfsmittel und Behandlungen in Zukunft erforderlich sein werden. Das kann Verfahren vereinfachen oder zu einer behindernden Politik führen. Auch die Forschung erhält ab jetzt viel mehr Daten. Es gibt zwar Verschlüsselungen, aber man wird – gerade bei Menschen mit Behinderung – die Person aus der Krankengeschichte leicht erkennen können. Und: Wie sicher die ePA ist, weiß man heute noch nicht.
Was ist sehr wichtig zu wissen?
Man kann gegen die ePA Widerspruch einlegen. Dann wird sie nicht angelegt bzw. gelöscht. Es bleibt dann bei dem bisherigen Verfahren: Ärztinnen und Ärzte führen ihre jeweiligen Patientenakten. Man bekommt Arztbriefe oder Röntgenbilder ausgehändigt und muss sie selbst an die jeweilige Stelle bringen. Die Verordnungen von Ärzt*innen können auch weiter direkt an die Apotheke gesandt werden.
Wo kann man Widerspruch einlegen?
Bei der eigenen Krankenkasse, online über das Portal der Krankenkasse machen oder per Brief. Es gibt bei jeder Krankenkasse eine Ombudsstelle. Sie soll bei dem Widerspruch und bei Problemen mit der ePA unterstützen.
Das ist wichtig: Man kann auch teilweise Widerspruch einlegen. Zum Beispiel dagegen, dass ein*e Arzt*in oder Therapeut*in alle Informationen sehen kann. Lassen Sie sich dazu bei uns im Verein beraten oder direkt in der Ombudsstelle bei Ihrer Krankenkasse.
Was passiert, wenn man keinen Widerspruch einlegt?
Alle Gesundheitsdaten in Praxen, Krankenhäusern, Pflegediensten, Therapiestationen werden ab jetzt in der ePA gespeichert. Alle Fachleute können alle Informationen sehen.
Das ist unser Rat:
Das ist sehr wichtig: Kontrollieren und verwalten Sie Ihre ePA in regelmäßigen Abständen, zum Beispiel über Ihr Handy oder ein iPad. Wenn Sie das nicht können (auch nicht mit der Hilfe einer Vertretungsperson/rechtlichen Betreuung), sollten Sie widersprechen.
Rechtliche Betreuer*innen sollen die betreute Person in ihrer Kontrolle über die ePA unterstützen. Sie sollen auch Widersprüche unterstützen, wenn die Person diese wünscht.
Soweit es eine ePA gibt, dürfen rechtliche Betreuer*innen mit dem Aufgabenbereich Gesundheitssorge diese auch für die betreute Person verwalten.
Zusammenfassung:
Die ePA ist ein Vorteil insbesondere für Krankenkassen, medizinisch-therapeutische Fachleute und die Forschung. Für die Krankenversicherten kann sie auch gefährlich sein. Krankenversicherte sollten daher selbst oder mit ihrer Vertretung Einblick in ihre Akte nehmen und wissen, welche Daten allgemein zugänglich sind. Wer das nicht tut, zum Beispiel, weil er die App nicht benutzen kann oder will, sollte Widerspruch einlegen.
Kerrin Stumpf
